Gewalt gegen Frauen findet heute nicht nur im Wohnzimmer statt.
Sie findet in privaten Chats statt.
In Kommentaren.
In DMs.
In Threads.
In anonymen Accounts.
In lauten Feeds und stillen Algorithmen.
Digitale Gewalt ist nicht „neuer“ -
sie ist nur sichtbarer, schneller, enthemmter und effektiver.
Sie erreicht Frauen überall.
Sie verlässt den Raum nie.
Sie schläft nicht ein.
Sie hat keine Tür, die man abschließen könnte.
Und das Gefährliche ist:
Das Netz schützt die falsche Seite.
1. Das Internet enthemmt Täter - nicht Opfer
Online verliert der Täter das, was ihn im echten Leben bremst:
- Scham
- Konsequenzen
- Identität
- soziale Kontrolle
- Blickkontakt
- Hemmungen
- die Chance, erkannt zu werden
Der Bildschirm macht mutig.
Aber nicht im heroischen Sinn.
Sondern im zerstörerischen.
Ein Täter, der offline leise ist,
kann online brüllen.
Ein Täter, der offline zu feige ist,
kann online mutig wirken.
Anonymität ist kein Schutz für Frauen.
Sie ist ein Schutz für Täter.
2. Algorithmen verstärken Gewalt - ohne Gewissen
Die Plattformen sagen:
„Wir schützen Nutzerinnen.“
Was sie wirklich schützen, ist Engagement.
Und Engagement wird oft ausgelöst durch:
- Empörung
- Hass
- Abwertung
- Provokation
- Demütigung
- Aufmerksamkeit
- Streit
- Aggression
Der Algorithmus ist nicht moralisch.
Er ist mathematisch.
Er zeigt nicht, was richtig ist.
Er zeigt, was funktioniert.
Und Gewalt funktioniert.
Nicht, weil Menschen sie gutheißen -
sondern, weil Menschen darauf reagieren.
Für Algorithmen ist jede Reaktion eine Bestätigung.
Das Netz schützt also nicht Frauen.
Es schützt Reichweite.
3. Online-Gewalt ist nicht virtuell - sie ist real
Viele sagen:
„Es ist doch nur online.“
„Ignorier es einfach.“
„Blockieren reicht.“
„Nimm es dir nicht so zu Herzen.“
Diese Sätze zeigen, wie wenig Menschen digitale Gewalt verstehen.
Digitale Gewalt:
- erzeugt Angst
- zerstört Selbstwert
- ist 24/7 verfügbar
- kann tausend Augen erreichen
- ist unberechenbar
- ist nicht lokal begrenzt
- hinterlässt Spuren wie reale Angriffe
Täter wissen das.
Deshalb nutzen sie das Netz als Bühne und Waffe.
Das Netz ist die erste Gewaltform, die dich verfolgen kann,
selbst wenn du längst gegangen bist.
4. Täter nutzen digitale Räume strategisch
Digitale Gewalt ist kein Chaos, sondern ein Muster:
- subtiler Psychoterror
- ständige Überwachung
- kommentarbasiertes Abwerten
- Fake-Profile
- Rufschädigung
- Andeutungen
- Drohungen
- Kontaktaufnahme über neue Nummern
- Stalking über Social Media
- Manipulation im Namen „besorgter Freunde“
Die Taktik bleibt gleich:
Macht halten. Kontrolle ausüben. Realität verzerren.
Nur das Werkzeug ändert sich.
5. Die Öffentlichkeit ist kein Schutzraum - sie ist ein Risiko
Viele Frauen schweigen nicht aus Schwäche,
sondern aus Erfahrung.
Die Öffentlichkeit tut oft Folgendes:
- mischt sich ungefragt ein
- bagatellisiert
- relativiert
- stellt Fragen an die falsche Person
- sympathisiert mit dem Täter
- lacht
- kommentiert voyeuristisch
- verliert Empathie nach 24 Stunden
- wird kalt
- wird grausam im Schutz der Masse
Im Netz ist das Publikum nicht neutral.
Es ist unberechenbar.
Und unberechenbare Räume sind gefährlich.
6. Medien berichten - aber selten systemisch
Wenn Fälle viral gehen,
berichten Medien gern,
doch fast immer oberflächlich:
- „Eifersuchtsdrama“
- „Familiäre Tragödie“
- „Streit eskaliert“
- „Beziehungstat“
Diese Begriffe romantisieren Gewalt.
Sie beschönigen Systemfehler.
Sie verwischen Täterhandeln.
Sie isolieren strukturelle Mechaniken.
Sie entlasten Täter durch Sprache.
Nicht Sprache ist gefährlich.
Falsche Sprache ist es.
Für Frauen: Was du verstehen musst
Digitale Gewalt ist nicht dein Versagen.
Sie ist nicht deine Schuld.
Sie ist nicht „harmloser, weil sie online ist“.
Sie ist nicht weniger real.
Sie ist nicht weniger zerstörerisch.
Sie ist nicht weniger ernst.
Du lebst in einem digitalen System,
das Täter schützt
und Frauen Sichtbarkeit nimmt,
sobald sie sich wehren.
Darum mache ich Orange Voice.
Darum mache ich es laut.
Darum mache ich es öffentlich.
Du bist nicht allein.
Und du bist nicht überempfindlich.
Du reagierst normal auf ein abnormales System.
Und du, Darling…
Täter.
Ja, jetzt meine ich wieder dich.
Du glaubst, das Netz sei deine Tarnung.
Dein Spielfeld.
Dein Schutzraum.
Deine Bühne.
Deine Unsichtbarkeit.
Du glaubst, Fake-Profile würden dich schützen.
Du glaubst, Anonymität wäre Macht.
Du glaubst, digitale Gewalt hätte keine Zeugen.
Darling.
Du bist nicht unsichtbar.
Du bist nur digital bequem.
Und Bequemlichkeit ist der Anfang vom Ende.
Ich werde dich sichtbar machen.
Nicht durch Namen.
Sondern durch Mechanik.
Weil dein Verhalten nicht neu ist.
Es ist nur geschrieben in einem neuen Interface.
Gewöhn dich dran.
Ich bin hier.
Laut.
Unbeirrbar.
Das Netz ist kein Schutzraum für Frauen.
Aber es wird auch kein Schutzraum für Täter bleiben.